400 Jahre Friedrichstadt

8. Der Achtzigjährige Krieg – Friedrichstadt im Würgegriff der Zeitgeschichte

Ist von der Gründung Friedrichstadts die Rede, kommt man spätestens nach einer halben Minute auf die große Enttäuschung zu sprechen, welche mit den (angeblichen) Plänen des Herzogs Friedrich III. verbunden waren: der Aufbau einer bedeutenden Handelsmetropole zwischen Eider und Treene. Dabei gibt es für solche hochtrabenden Pläne keinerlei Belege. Doch egal, wie die Pläne des Herzogs auch aussahen. Der Handelsplatz  hätte sich mit Sicherheit besser entwickelt, wären mehr Remonstranten nach Friedrichstadt gekommen und weniger wieder frustriert abgereist. Schuld daran war der Achtzigjährige Krieg. Durch ihn wurden die Bemühungen torpediert, einen freien Handelsplatz an der Nordseeküste aufzubauen.

Die Ursachen des Achtzigjährigen Krieges

In der siebten Geschichte dieser Reihe war von Kaiser Karl V. die Rede. Karl V. war nicht nur Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, sondern auch König von Spanien und damit auch Herrscher über die Niederlande. Allerdings hatte der Habsburger in den niederländischen Provinzen je länger je weniger Freunde. Dafür gab es mindestens zwei gute Gründe:

Die Reformation

Karl V. war Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und damit der irdische Schutzherr des Abendlandes. Ihm war es also aufgetragen, die Christenheit vor den Ungläubigen und Ketzern zu schützen. Das waren zumindest zu Beginn in erster Linie die Osmanen, je länger je mehr aber auch die vom Glauben abgefallenen Anhänger Luthers, Zwinglis und Calvins. Denn für die Vertreter der Römischen Kirche war klar, dass nur ihre Glaubensrichtung die einzig wahre und gültige christliche Religion sein könne.

In den niederländischen Provinzen fand besonders die Lehre Calvins und seine These der Prädestination viele Anhänger. Der Calvinismus wurde bald zur alles dominierenden Glaubensrichtung, welcher sich auch die bürgerlichen Eliten anschlossen. Es ist kein Zufall, dass sich gerade diese bürgerlichen Eliten für den Calvinismus begeistern konnten. Denn das öffnete ihnen eine Welt, welche ihnen in der klassischen Gesellschaftsstruktur dieser Zeit sonst verschlossen blieb. Denn mit dem Calvinismus war plötzlich nicht mehr die Herkunft das alles entscheidende Merkmal, sondern die göttliche Vorsehung. Das bedeutete zwar für den Adel einen herben Rückschlag. Für die übrige Bevölkerung war es jedoch ein Gewinn.

Das galt natürlich im besonderen Maße für jene, welche über eine gute Ausbildung und die damit verbundenen Möglichkeiten verfügten, sich über Gott und die Welt buchstäblich eigenständige Gedanken zu machen. Sie waren in der Regel bereits wohlhabend und erfolgreich und mussten sich dadurch von der These der Prädestination besonders angesprochen gefühlt haben, weil sie davon offen oder unterschwellig ableiteten, die Gnade Gottes zu besitzen.

Die steigende Bedeutung des Welthandels

Durch die Entdeckung der Neuen Welt, verschoben sich die Gewichte. Beherrschten zuvor die Hansestädte den Handel, vorwiegend im Ostseeraum, gewann nun der Überseehandel immer mehr an Bedeutung. Damit kamen die Nordsee-Häfen in eine vorteilhafte Position, wovon insbesondere die Niederländer profitierten. Ihre Art, den Handel zu organisieren, setzte sich dauerhaft durch. Die große Zeit ihrer globalen Marktmacht stand noch bevor. Doch waren sie bereits wohlhabend und selbstbewusst. Und sie fühlten sich stark genug, sich gegen die lästigen Schmarotzer in Spanien zur Wehr zu setzen, welche ihr Geld für eigennützige, unproduktive Kriege verschwendeten.

Wenig überraschend also, dass dieses Volk von Händlern und Kaufleuten einen Kassensturz machte und danach zur Erkenntnis gelangte, dass sie durch den königlichen Wasserkopf behindert und in ihrer unternehmerischen Freiheit beschränkt würden. Es war Zeit für eine betriebliche Reorganisation.

In den Niederlanden trafen also zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite die Feudalherrschaft, welche auf die über Jahrhunderte gewachsenen Rechte und Privilegien pochte. Auf der anderen Seite eine auf die Zukunft ausgerichtete Gesellschaft, welche sich mit der lausigen Begründung des Herrschaftsanspruchs des spanischen Königs nicht abfinden wollte. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen und führte dann auch zu einem Krieg: dem Achtzigjährigen Krieg.

Die Vorgeschichte des Achtzigjährigen Krieges

Schon unter Karl V. begann die Zeit der Gegenreformation, in der reaktionäre Kreise versuchten, das Rad der Religionsgeschichte zurückzudrehen. Ihr beliebtestes Instrument, die Ketzerverfolgung (Inquisition), führte bereits 1623 zu den ersten Toten in den niederländischen Provinzen.

Philipp II.Der Ärger wuchs jedoch, als Philipp II. die Herrschaft über die Niederlande im Jahre 1555 von seinem Vater Karl V. übernahm. Zur Durchsetzung seines Machtanspruches steigerte er den Druck auf die Calvinisten weiter. Mit der steigenden Zahl an Opfern der Inquisition wuchsen auch die Unruhen im Land.

Weiter reorganisierte er die kirchliche Organisation und die Verwaltung der Provinzen, um mehr Kontrolle über die Entwicklung im Staate zu erhalten. Dabei setzte er auch die bürgerlichen Freiheiten, die man den Ständen im „Großen Privileg“ des Jahres 1477 zugestanden hatte, wieder aus. Bevor es Philipp II. 1560 wieder zurück nach Spanien trieb, setzte er seine Halbschwester Margarethe von Parma als Statthalterin ein. Ein Jahr später zog er seine Truppen aus den Niederlanden ab.

Kaum überraschend führten diese Maßnahmen dazu, dass sich die führenden Kräfte der Niederländer gegen die Änderungen und die mörderische Inquisition mehr und mehr zur Wehr setzten. Ihren Höhepunkt erreichten die Unruhen im Jahr 1564 mit den sogenannten Bilderstürmen der Calvinisten.

Philipp II. lenkte teilweise ein und setzte die Inquisition aus, sorgte gleichzeitig aber für eine härtere Gangart in der Verwaltung, indem er 1567 den Herzog von Alba, Fernando Álvarez de Toledo, als neuen Statthalter einsetzte. Er kam in Begleitung spanischer Truppen. Diese führten eine blutige Strafexpedition durch. Alba gelang es danach, die regionalen Aufstände mit Hilfe eines Sondergerichtes, des sogenannten Blutrats von Brüssel, zu unterdrücken. Dabei wurden mehr als 6000 Aufständische hingerichtet, unter ihnen die Grafen von Egmond und von Hoorn. Im selben Jahr besiegte Alba auch die niederländischen Truppen unter Führung von Wilhelm I. von Oranien.

Der Achtzigjährige Krieg Armada 400 Jahre Friedrichstadt

Das bittere Schicksal der Armada

Der Achtzigjährige Krieg begann offiziell am 23. Mai 1568 mit der Schlacht bei Heiligerlee. Über die genauen Details und den Verlauf müssen wir uns an dieser Stelle nicht kümmern. Entscheidend ist für uns lediglich, wie er geführt wurde.

Natürlich gab es Schlachten zu Lande. Aber wenn eine flottenbasierte Weltmacht gegen eine aufstrebende Seehandelsnation antritt, spielt der Kampf auf offener See und die Störung des ertragreichen Handels naturgemäß eine große Rolle.

In der Kurzform sieht es so aus: Die Holländer führten zur See eine Art Guerillakrieg und griffen bei jeder sich bietenden Gelegenheit die spanische Handelsflotte an. Die Spanier wiederum versuchten die Handelsströme von oder nach den Niederlanden zu stoppen.

Im Zuge dieses Seekrieges gewannen die Niederländer – im Verbund mit den Engländern – immer mehr die Oberhand. Zumindest gelang es ihnen, durch ihren überraschenden Angriff auf die spanische Armada, diese entscheidend zu schwächen. Die absolute Überlegenheit der Spanier war danach auf jeden Fall gebrochen.

Der Achtzigjährige Krieg und seine Folgen für Friedrichstadt

Trotz des ungünstigen Kriegsverlaufes und der Schwächung der spanischen Flotte blieben die Spanier eine Großmacht. Dies bedeutete für Friedrich III., dass er ohne die Zustimmung des spanischen Hofes keinen Handel betreiben konnte. Wollte er Friedrichstadt also zu einem Handelsplatz aufbauen, musste er dazu den Segen der Spanier haben.

Diese traten zwar in die Verhandlung mit dem Herzog ein, doch waren sie wenig motiviert, ihm allzu viele Zugeständnisse zu machen. Weder hatten sie ein Interesse daran, ihre verbliebenen Handelshäfen an der Nordsee einem starken Wettbewerb auszusetzen, noch wollten sie, dass die Kriegsgegner England und die Niederlande von den Lieferungen aus Friedrichstadt und den Geschäften mit dem Herzogtum Schleswig-Holstein-Gottorf profitierten. Zudem wollten sie auf jeden Fall verhindern, dass das Handelsembargo, welches sie über England und die abtrünnigen niederländischen Provinzen verhängt hatten, über den Umweg Friedrichstadt zu umgehen wäre.

So kann man sagen, dass der Achtzigjährige Krieg zwar kein Sargnagel für Herzog Friedrichs III. Pläne war, er ihn aber entscheidend behinderte. So stark, dass Friedrichstadt maßgebend an Anziehungskraft für wohlhabende Remonstranten verlor.